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07.12.23 –
Die Bundesstraße 2 bei Wielenbach soll dreispurig ausgebaut werden, zunächst auf einer planfestgestellten Strecke von 2,4 km. Die Klage der Gemeinde Wielenbach gegen diesen Ausbau wurde abgewiesen, Reaktionen und Berichte dazu legen nahe, dass Medien, Straßenbauamt, Regierung von Oberbayern und das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz vom 29.4.2021[1] ignorieren und die Bevölkerung mit fragwürdigen Informationen abspeisen.
Bei der Bekämpfung der Klimakrise muss auch sektorenweise gehandelt werden, d.h. auch im Verkehrssektor müssen klare Maßnahmen zu erkennen sein, damit die Klimaziele auch wirklich erreicht werden können. Im Deutschlandfunk wurde dazu geschrieben, dass um die Klimaziele des Jahres 2030 zu erreichen, Deutschland die Geschwindigkeit der CO2-Reduktion insgesamt mehr als verdoppeln muss, im Verkehrssektor müssten die Emissionen sogar 14-fach so schnell sinken wie bisher[2].
Was bedeutet die Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz vom 29.4.2021?
Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, die Reduzierung der Treibhausgasemissionen für den Zeitraum nach 2030 bis zum 31. Dezember 2022 näher zu regeln.
Aktuell hat das Verfassungsgericht dem Prinzip Schuldenbremse allerdings noch eine höhere Bedeutung zugemessen.
Was hat das mit dem Ausbau der B2 bei Wielenbach zu tun?
Es geht hier um 2,4 km Bundesstraße, die Baukosten liegen Stand 2019 bei 15 Millionen[3], allen Beteiligten muss klar sein, dass diese Summe nicht zu halten sein wird, dies wurde im BR Abendschau Beitrag im November 2023 aber verschwiegen. Im gleichen Beitrag wurde Herr Lenker vom Straßenbauamt mit O-Ton zitiert, dass es bei dem geplanten Ausbau um Sicherheit und Vermeidung von Unfällen gehe - ob durch einen Ausbau Unfälle wirklich vermieden werden bzw. keine neuen Unfallursachen geschaffen werden, ist nicht belegt. Dies kann man nur als Versuch interpretieren, die Bevölkerung für hinters Licht zu führen: Es geht um Beschleunigung, statt zu akzeptieren, dass der Ballungsraum Weilheim wächst und damit auch mal auf Teilstrecken eine Abkehr von Tempo 100 akzeptiert werden muss und kann, im weiteren Verlauf wird dann ohnehin runtergebremst. Die Umfahrung Weilheim wurde von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt[4], es wurde immer gesagt, dass die Umfahrung nicht gegen den Willen der Menschen geplant wird, in der Gerichtsverhandlung wurde vom staatlichen Bauamt allerdings bereits auf eine Westumfahrung Weilheim verwiesen. Auch hier sieht man, dass Worte nicht zählen und Planung und Politik in Bayern gegen und nicht für die Menschen gedacht wird. Wenn es um Sicherheit und effizienten Einsatz von Steuermitteln geht: warum dann keine Ampel wie jetzt bei der Einmündung von Pähl, warum kein Kreisverkehr, warum dreispurig? Ein Kapazitätsproblem gibt es ohnehin nur zu wenigen Stunden an Werktagen.
Niemand bei den Behörden will es öffentlich zugeben: es geht eigentlich um eine neue Nord-Süd-Achse, ob diese wirklich zusätzlich zur Autobahn München-Garmisch und B17 von Landsberg/Augsburg-Garmisch in Zeiten von Klimakrise und Haushaltslöcher erforderlich ist? Gleichzeitig kämpfen wir mit einer langjährigen chronischen Unterfinanzierung der Bahn (siehe Brandbrief von ProBahn Norbert Moy[5]). Ist es zu viel von den Behörden (Straßenbauamt, Regierung von Oberbayern) verlangt, mal ein wenig nach links und rechts zu schauen und sich ein Gesamtverkehrskonzept für den Ballungsraum Weilheim/Landkreis/landkreisübergreifend zu überlegen. Ist es zu viel verlangt, wenn auch mal über Reduzierung von Individualverkehr ernsthaft nachgedacht wird? Wir werden nicht in alle Weiler des Landkreises einen Bus im 20 Minuten-Takt hinbekommen, aber im erweiterten Raum Weilheim? Wieviel Verkehrseinsparung wäre durch einen vernünftigen ÖPNV von 6-24 Uhr möglich, hat sich irgendeine der verantwortlichen Stellen mal darüber wirklich Gedanken gemacht oder das sogar durchgerechnet?
Stattdessen wurde vom Straßenbauamt ein unangemessenes Verhalten gegenüber Vertreterinnen der Bürgerinitiative „B2 Ausbau Oberland“ an den Tag gelegt.
Ein Straßenbauamt, das selbst die einfachste Grundregel nicht versteht, dass Straßenbau neuen Verkehr anzieht, und damit verkehrswissenschaftliche Grundlagen nicht berücksichtigt muss sich Fragen gefallen lassen, dazu kam übrigens von Herrn Lenker im Abendschau-Beitrag kein Kommentar, manchmal ist es interessanter was nicht gesagt wird, also das, was gesagt wird. ZahlreicheStudien belegen: Die Anzahl der gefahrenen Kilometer steigt proportional mit dem Straßenausbau mit. Monica Menendez vom Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürichfasst es so zusammen: „Wenn das Autofahren angenehmer wird, weil man weniger im Stau steht, dann wird auch mehr gefahren“.[6]
Eine weitere verkehrswissenschaftliche These besagt, dass höhere Geschwindigkeiten zu einer Zunahme des Verkehrs führen, demnach wäre Tempo 70 und nicht etwas Beschleunigung eine Lösungsmöglichkeit[7] “[...] Das Verkehrswachstum entsteht dadurch, dass mit den zunehmenden Geschwindigkeiten die pro Ortsveränderung zurückgelegten Strecken immer länger werden [...]”
Es wird dringend Zeit, dass sich Behörden, aber auch Verwaltungen und Verwaltungsgerichte mit der Verfassungsbeschwerde gegen die mangelhafte Klimaschutzpolitik auseinandersetzen und auch darüber ein Umsteuern in der Verkehrspolitik einleiten. Dies wird dauern und Erfolge in einem Bereich, der für 1/3 der CO2 Emissionen verantwortlich ist, werden erst verzögert sichtbar werden, umso wichtiger, dass wir damit jetzt starten. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat am 30.11.2023 die Bundesregierung verurteilt, Sofortprogramme für mehr Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden aufzulegen[8]. Der B2 Ausbau bei Wielenbach ist ein Musterbeispiel für eine Verkehrspolitik von gestern und vorgestern, das Straßenbauamt von Weilheim, die Regierung von Oberbayern und das Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr sind den heutigen gewaltigen Herausforderungen beim Klimawandel und öffentlichen Haushalten nicht gewachsen. Sollte die bayerische Staatsregierung das Vorhaben B2 Ausbau weiter unterstützen, zeigt sie nur, dass sie weder regieren (in Bayern), noch Opposition (im Bund) kann, und es nicht um ernsthafte Sparbemühungen geht. Pikant auch hier: Verkehrsminister Bernreiter hat in einem Treffen mit VertreterInnen der Bürgerinitiative gesagt, dass die Planung aus Berlin kommt, und er damit nichts zu tun hat, ein Schreiben des Ministeriums legt nahe, dass wir damit glatt belogen worden sind, das Geld kommt aus Berlin, die Entscheidungen fallen in Bayern.
Die Einsparung der Kosten für den B2 Ausbau und Umfahrung Weilheim wird an anderer Stelle dringend benötigt. Die Zeiten, in denen bei der Lösung von Verkehrsproblemen nur auf Autos geschaut und Umfahrung um Umfahrung und Tunnel um Tunnel gebaut werden, muss in Zeiten der Klimakrise endgültig vorbei sein. Wir stehen für eine gleichberechtigte Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur, nachdem es über Jahrzehnte hieß „Auto first“ müssen jetzt Alternativen Vorrang bekommen, mit einer Reduktion des Individualverkehrs können wir den geforderten Klimazielen im Verkehrssektor näherkommen.
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